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Berlin-Exkursion 2008Im März 2008 organisierten Lion Hirth und Sybille Röhrkasten unter dem Dach des Vereins „Interpol – Internationales Forum für Studenten der Politikwissenschaft“ und des Arbeitskreises Klima eine Exkursion nach Berlin. Sie führte uns zu einer Reihe von Referenten und Institutionen, die energie- und klimapolitisch besonders relevant sind. Thematisch standen dabei die politische Entscheidungsfindung und ihre Beeinflussung durch Interessensvertreter, aber auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse im Mittelpunkt. Programmübersicht
4. März 2008Anreise nach Berlin und VorbesprechungAm 4. März trafen wir im Berliner Stadtteil Kreuzberg in der Jugendherberge Hostel X Berger ein. Danach begannen wir direkt mit den Vorbereitungen für die Gespräche am nächsten Tag. Roman, Bilal, Joana und Cornelius gaben uns einen Überblick. 5. März 2008Friedrich-Ebert-Stiftung
Gert von der Groeben legte uns mit großer rhetorischer Finesse dar, dass bei E.ON
Allerdings würden die Wachstumsraten des Treihausgasausstoßes in China und Indien manche – noch dazu sehr teure – Bemühungen zur CO2-Reduktion in Deutschland konterkarieren. Auch die Effizienzsteigerungen, die von der Bundesregierung mit 3\ % pro Jahr angedacht sind, seien sehr ehrgeizig. Realistischerweise seien Effizienzsteigerungen von unter 2\ % erreichbar. Bei privaten Haushalten wäre das Einsparpotential wesentlich höher als bei Kraftwerken, wie auch eine aktuelle McKinsey-Studie aufzeige. Auf die aktuellen E.ON-Werbespots ("Man sieht es nicht, man hört es nicht!") wollte er nicht eingehen. Öffentlichkeitsarbeit und Lobbyismus seien sehr wichtig, etwa um die Politik in das Unternehmen hineinzutragen – und umgekehrt. Weiterhin kritisierte er die geplanten Veränderungen des Emissionshandels ab 2012 als wirtschaftlich schädlich. Eine Energiewende, die den Verzicht auf Kohlekraftwerke beinhalte, sei außerdem nur mit Laufzeitverlängerungen auf 40 bis 50\ Jahre Gesamtlaufzeit und Neubau von Kernkraftwerken möglich. E.ON sei an vielen Projekten außerhalb Deutschlands beteiligt, beispielsweise in Großbritannien. Auch sei das Oligopol der vier großen Versorger (E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW) in Deutschland weniger mächtig als häufig behauptet, denn international sei der Markt sehr kompetitiv – was sich wieder auf den nationalen Markt auswirke. Auswärtiges Amt
Das übergeordnete Ziel des Auswärtigen Amts sei es, Deutschlands Position zur Klimapolitik international zu kommunizieren und seine Interessen zu vertreten. Die Folien zu Reinhard Krapps Vortrag können nach Login hier heruntergeladen werden. Alexander Schönfelder ist zuständig für Energiefragen. Er erläuterte uns, wie Fragen der Energiesicherheit im Auswärtigen Amt behandelt werden. Wichtig ist dabei die Zusammenarbeit in der Europäischen Union. Dazu gehört die Diversifizierung der Energieimporte, aber auch die Aushandlung von einer Art Energiesolidarität: Fehlt einem Staat Energie, so springen andere ein. Dies müsse natürlich vertraglich abgesichert werden. Insgesamt müsse die Energiepolitik einzelner Staaten in eine gemeinsame Energiepolitik der EU überführt werden. Weiterhin seien viele Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik eng mit Energiefragen verknüpft. Bundestag/ReichstagIn einem Nebentrakt des Reichstags erklärte uns Dr. Judith Enders, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion der Grünen und promovierte Politologin, das klimapolitische Programm ihrer Partei. Sie vertrat Hans-Josef Fell, der leider verhindert war, weil er kurzfristig zu einer Konferenz in die USA musste. Als Nicht-Regierungspartei könnten die Gründen mehr fordern als die anderen Parteien, so etwa ein generelles Tempolimit bei 120 km/h, Versteigerung aller Emissionszertifikate, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, ein Top-Runner-Programm in der EU und schließlich auch ein ambitionierteres Klimaschutzziel. Nur so könne die von der Regierung vorgesehene Reduktion des Treibhausgasausstoßes um 40 % wirklich erreicht oder gar übertroffen werden, wie es die Grünen fordern. Außerdem versorgte sie uns mit interessanten Flyern. 6. März 2008World Wide Fund for Nature (WWF)Der erste Termin führte uns zu Kathrin Gutmann vom WWF, allerdings fand das Gespräch im Haus der Heinrich-Böll-Stiftung an den Hackeschen Höfen statt. Sie beschäftigt sich mit der Koordinierung der internationalen Klimapolitik des WWF, die aus mehreren Einzelsträngen – beispielsweise den nationalen WWF-Divisionen – besteht. Sie war in der letzten Zeit sehr im Bali-Prozess involviert. Dort sollten die Interessen der verschiedenen Umweltverbände wie dem WWF, Greenpeace und Friends of the Earth artikuliert werden, was ebenso viel Abstimmung erforderte. Weiterhin sprachen wir über die Position des WWF zu Energiefragen wie Atomenergie und Biokraftstoffen. Dabei interessierte uns natürlich besonders, wie das WWF den Verzicht auf die CO2-arme Atomkraft ausgleichen will, und welchen Standpunkt das WWF zu Nahrungsmittelkrise und Gentechnik hat. Schließlich berichtete Kathrin Gutmann noch über einige Besonderheiten, die sich aus der Arbeit bei einer NGO ergeben. Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Der marktwirtschaftliche Ansatz führe zu einer kosteneffizienten Reduktion des Treibhausgasausstoßes. Allerdings müssten umbedingt große Schwellenländer, die BRIC-Staaten (Brasilien, Rußland, Indien, China) animiert werden, sich rasch einzubringen. Um die Zustimmung zu gewinnen, solle ein Technologietransfer aus den reichen Industrieländern stattfinden. Zum Schluss diskutierten wir noch über den Equity-Ansatz, den die Bundeskanzlerin ins Gespräch gebracht hat – dass nämlich jeder Mensch auf der Erde grundsätzlich den gleichen Treibhausgasausstoß verursachen darf. Dies könnte dazu führen, dass die Menschen in den westlichen Industriestaaten Menschen in ärmeren Ländern Emissionszertifikate abkaufen müssten. Dies hätte natürlich auch entwicklungspolitische Auswirkungen. Der stellvertretende Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik machte den Aufbau der Organisation, ihre Aufgaben und die Art der Wissenschaft, die dort betrieben wird, transparent. Die SWP versteht sich als unabhängiger Dienstleister für die Politik, und unterstützt beispielsweise Bundestagsabgeordnete bei komplexen außen- oder sicherheitspolitischen Fragen. Prof. Maiholds Fachgebiet sind die Länder in Lateinamerika. Schließlich konnten wir noch kurz mit ihm über aktuelle Entwicklungen in Lateinamerika sprechen. Paul-Löbe-Haus
Anschließend entwickelte sich ein interessantes Gespräche über die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fraktionen und innerhalb der SPD-Fraktion. Manchmal seien die Unterschiede innerhalb einer Fraktion größer als die zwischen den Politikern gleichen Fachgebiets aus unterschiedlichen Parteien … 7. März 2008Bundesministierum für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)
Kurz darauf konnten wir ganz real beobachten, wie schnell manchmal reagiert werden muss: Dr. Maue unterbrach seinen Vortrag, weil die neue Version eines Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium schnell verhandelt werden sollte. Nach einigen Telefonaten konnte er glücklicherweise seinen Chef dafür gewinnen, für ihn zu übernehmen. So konnten wir doch noch seinen Vortrag mit vielen interessanten Zahlen zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, zur Energieversorgung in Deutschland und den größten CO2-Verursachern verfolgen. Sehr interessant waren zum Schluss noch die Einschätzungen von Dr. Maue zu den Verdiensten von Bundeskanzlerin Angela Merkel und wie sich ihre frühere Tätigkeit als Bundesumweltministerin heute auswirkt. Die Folien zu seinem Vortrag können nach Login hier heruntergeladen werden. Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
RechtlichesGrundsätzlich ist nach KunstUrhG §22 und §23 die Veröffentlichung von Fotos von Personen ohne deren Einwilligung strafbar. Wahrscheinlich gelten nicht alle Referenten als Personen der Zeitgeschichte. Andererseits gibt es aber auch die Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Wikipedia ist etwas ausführlicher. Fast alle Referenten haben uns jedoch ihre Zustimmung zur Veröffentlichung auf unserer Seite gegeben. — Valentin Schwamberger, August 2008 |