Februar 2009: Gespräch mit Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell MdB Am 4. Februar 2009 war Hans-Josef Fell, Bundestagsabgeordneter seit 1998 und energiepolitischer Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, zu einem Gespräch mit unserem Arbeitskreis nach Tübingen. Er war neben Dr. Hermann Scheer wesentlich an der Konzeption des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beteiligt.

In seinem Eingangsvortrag betonte Hans-Josef Fell die Diskrepanz zwischen den relativ konservativen Szenarien des IPCC und der Realität: Die tatsächlich eingetretene Erwärmung und das Abschmelzen von Festlandeis übertraf teilweise selbst die pessimistischen Annahmen des IPCC. Er führte dies unter anderem auf Interessen von beteiligten Staaten zurück, darunter beispielsweise OPEC-Staaten wie Saudi-Arabien und Iran.

Andererseits resultiere schon die bisher eingetretene Erwärmung um 0,8\ °C in einen Anstieg von Dürren und Waldbränden; das 2\ °C-Ziel sei eine "Horrorvision". Seiner Meinung nach dürfe das Ziel nicht sein, nur die Emissionen zu reduzieren. Stattdessen müsse die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wieder gesenkt werden. Dazu schlägt Hans-Josef Fell folgendes vor:

  1. Nullemission sei das Ziel. Wer sich zu diesem Ziel bekenne, treffe andere Entscheidungen: So würden statt "hocheffizienten Kohlekraftwerken Windparks" gebaut. Natürlich sei dieses Ziel sehr ambitioniert. Allerdings habe das bisherige Wachstum der erneuerbaren Energie jede Prognose weit übertroffen.
  2. Emittiertes CO2 müsse wieder aus der Atmosphäre entfernt werden.

Auch wenn vor allem der zweite Punkt politisch kaum diskutiert werde, sei eine Reduktion möglich und notwendig. Maßnahmen könnten Aufforstung und aktive Bodenpolitik zur Neubildung von Humus als Kohlenstoffspeicher sein. Die Eisendüngung der Meere solle wissenschaftlich erforscht werden, aber noch nicht kommerziell eingesetzt werden.

Bündnis 90/Die Grünen Anschließend stellte sich Hans-Josef unseren Fragen. Dank einer sehr offenen Gesprächsatmosphäre konnten wir nicht nur spannende Einblicke in politische Entscheidungsfindungsprozesse gewinnen, sondern diskutierten auch über die folgenden Fragen:

  • Rückgang der Einspeisevergütung beim EEG
  • CO2Sequestrierung
  • Konsumverzicht
  • Lobbyismus
  • Politische Arbeit
  • Atomkraft zur CO2-armen Stromerzeugung
  • Solarthermische Stromerzeugung und Photovoltaik in Nordafrika
  • Speicherproblematik
  • Technische Möglichkeiten zur Stromübertragung
  • Leakage und freier Welthandel
  • Weltweite Ansätze zur Emissionsvermeidung

Dabei ging Hans-Josef Fell auch auf die Arbeit in der Regierungskoalition von 1998 bis 2005 ein.

Zum Abschluss fasste er kurz wichtige politischen Forderungen zusammen. Es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Entwicklung in eine sozial-gerechten und ökologische Richtung zu lenken. Dazu seien ökonomische Anreize für nachhaltige Investments erforderlich, versteckte Subventionen für fossile und atomare Energieträger müssten reduziert werden. "Die Erde überlebt in allen Fällen, die Frage ist, was mit der Menschheit passiert." Hans-Josef Fell zeigte sich aber überzeugt, dass Techniker und Ingenieure eine Wende zu erneuerbaren Energien sehr gut schaffen könnten. Zweifel würden ihm nur am Willen zur politischen Umsetzung bleiben.

Dorothee Lorenz und Valentin Schwamberger, 21.02.2009

 
 
hans-josef_fell.txt · Zuletzt geändert: 22.09.2009 07:09 von Valentin Schwamberger
 
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